Ascultă Radio România Cultural Live

Der Mauerfall

09 Noiembrie 2019, 07:00

Die Bewegung, die ich hier in Leipzig erlebt
habe, wird mich mein Leben lang mit tiefer Freude und Glückseligkeit erfüllen.
Ich werde nie wieder so viele strahlende Gesichter sehen wie nach diesen Tagen
und so viel Hoffnung und diese Hoffnung müssen wir wach halten. Kurt Masur
about Peaceful Revolution in GDR.

Wir haben unsere Wohnung renoviert. Und ich
habe wirklich zwei oder drei Tage lang den Fernseher nicht angehabt. Dann kommt
eine Kollegin, eine Freundin aus dem Studium und klingelt und sagt: „Simone, wo
fahrt denn ihr am Wochenende hin? Wir fahren nach München.“ Und ich sage: „Nee,
wieso nach München? Das geht ja gar nicht.“ Und: „Ja hast du denn das nicht
mitgekriegt? Jetzt sind die Grenzen auf.“ Dann war ich erstmal völlig perplex.
Dann haben wir den Fernseher angeschaltet. Dann sah ich diese Bilder und dann
haben wir erstmal geheult. Jedes Mal, wenn ich das sehe, das werde ich nie
vergessen. Wir sind natürlich dann dieses Wochenende nach Berlin gefahren. Ich
weiß noch: Wir sind am 11.11. 11:11 Uhr über den Checkpoint Charly gewandert.
Das werde ich nie in meinem Leben vergessen. Simone Kermes, Sopranistin

Ich sehe das heutige Konzert nicht als ein
politisches Konzert oder einen politischen Akt, sondern als einen menschlichen
Akt. Man muss ja sehen, dass es für alle diese Leute jahrelang nicht möglich
gewesen war, hierher zu kommen und diese Musik zu hören. Ich spreche jetzt
nicht über Politik, über Sozialismus oder Kapitalismus – einfach dass diese
Leute nicht dieses Orchester erleben konnten, das eigentlich allen Deutschen
gehört. Es war nicht möglich, hierher zu kommen. Sie haben irgendwie in einer
Atmosphäre von Furcht gelebt und diese Furcht ist jetzt seit 48 Stunden oder so
ein bisschen weggegangen. Daniel Barenboim, argentinisch-israelischer Dirigent,
ehemaliger Dirigent der Berliner Philharmoniker

Wandel

Hier
hat sich insofern vieles geändert, als wir nun in den freien Markt geworfen
wurden, am Anfang ziemlich ratlos waren, auch in welcher Form wir weiterarbeiten
sollten. Wir wussten nur, dass die Qualität jetzt noch höher sein muss, denn
wir waren früher im Gewandhaus die Exoten die aus dem Osten kamen und die auch
ganz schön Musik machten und jetzt waren wir auf einmal Konkurrenz. Das war
eine gewisse Gefahr, die gar nicht so gering war. Aber auch die Gefahr
natürlich, dass meine besten jungen Leute sagen, „warum soll ich jetzt mit
meiner Familie noch in Leipzig wohnen bleiben, ich werde hier viel schlechter
bezahlt. Wenn ich an die Kölner Philharmonie gehe, wohne ich in einer der
schönsten Städte Deutschlands, habe eine schöne Wohnung, habe eine viel bessere
Bezahlung.“ Kurt Masur,
ehemaliger Dirigent des Leipziger Gewandhaus Orchesters

Allgemein
an der Theaterlandschaft kann ich nur als Regisseur sagen, in der Vorwendezeit
gab es bestimmte soziale Fragen nicht so, gab es auch ökonomische Fragen nicht
ganz so. Es gab andererseits wieder die verkrusteten und überalterten
Ensembles, weil kaum jemandem gekündigt werden konnte – das war ein ausgesprochenes
Hemmnis – und natürlich wir hatten, sagen wir mal, eine andere Art von
politischer Reibefläche. Wir haben – in irgendeiner Weise – hatten wir immer doch
so ein bisschen Narrenfreiheit und es war – alles was wir machten – war eine
Auseinandersetzung gesellschaftlicher Wirklichkeit und das haben die Zuschauer
natürlich sehr gemerkt und das war ein wesentlicher Punkt, weshalb sie ins
Theater gekommen sind. Das hat sich in der Nachwendezeit schon wesentlich
geändert. Man kann alles sagen, man kann alles denken und es verpufft im
gleichen Maße, ja? Also der Versuch sich mit gesellschaftlichen Zuständen
auseinanderzusetzen, was wir in der ehemaligen DDR gewohnt waren, das findet
heute statt, – sicher – immer weniger und zeigt auch immer weniger Wirkung, weil
es keinen mehr interessiert.

Dietrich
Kunze, ehemaliger Leiter des
Ensembles „Theater auf der Treppe“ in Dresden

Die
Zeit war für alle nicht ganz einfach. Der Rundfunk als ehemals doch ziemlich
politisch verbrämte Institution war in seinem Bestand sehr gefährdet und wir
wussten alle nicht, inwieweit das Orchester, alle Musiker des Rundfunks, eine
weitere Existenz finden können. Thomas Wünsch, Solo-Violinist

Ich
erinnere mich da zum Beispiel, dass wir aufgrund einer Postsendung mit einem
großen Paket, was im Büro einschneite, alle entlassen wurden und zwar amtlich,
jeder bekam eine Entlassungsschreiben auch der Chefdirigent mit dem Vermerk,
wir sollten uns auf den Arbeitsamt zwecks Weitervermittlung doch umgehend
melden. Das war so ein richtiges bürokratisches Kasperletheater eigentlich.
Entscheidend war, dass wir Gott sei Dank Mitstreiter hatten, die das
versammelte Orchester dann auf der Bühne beruhigten, dass das ein
organisatorischer Fehler war. Allein die Tatsache per Postsendung entlassen zu
werden, brachte doch ein schreckliches Erwachen für ganz bestimmte Mitglieder
des Orchesters. Claus Peter Flor, ehemaliger Dirigent des Berliner Sinfonie-Orchesters

Und
meine Frau ging zu jeder Demo und ich habe ihr gesagt, du bist die erste die
beim Arbeitsamt steht, du bist Sängerin und sie glaubte es nicht und sie war
die erste die beim Arbeitsamt steht. Die Theater hatten natürlich als erstes
alle Aufträge zurückgegeben, der Rundfunk wurde abgewickelt und es war faktisch
über Nacht keine Arbeit mehr da.

Walter Thomas
Heyn, ostdeutscher Komponist

Also ganz viele haben ja Lehraufträge an Hochschulen und
sind da einfach geblieben. Es war ja nahezu niemand Parteimitglied. Die sind
einfach geblieben, die sind ja nicht (unverständlich) worden, die hatten sich
ja nichts zu
Schulde kommen lassen. Die sind heute zum großen Teil Professor oder Dozent.
Wer gut ein Instrument spielen kann wie Schleiermacher lebt quasi von seinen
Künsten als Instrumentalist. Die anderen sind an Musikschulen gegangen und
alles, was zur Wende 50 und älter war, hat faktisch keinen Anschluss mehr
gefunden. Walter Thomas
Heyn, ostdeutscher Komponist

Gutes von damals

Auch
speziell für die Frau – wenn ich das mal vergleichen darf – gab es natürlich
schon in der DDR mehr Anerkennung oder mehr Freiheiten. Auch für die
Entscheidung. Ich habe mich damals – ich war ja sehr jung und sehr jung
schwanger und das war bevor ich 18 war – und ich habe mich natürlich nicht für
eine Abtreibung entschieden. Das hätte ich vielleicht im Westen… Ich weiß
nicht, ob mich da anders entschieden hätte. Aber ich war mir bewusst, dass
alles gut geht. Ich war frei und konnte machen was ich wollte. Das finde ich
jetzt auch im Nachhinein großartig, dass das so war. Zum Beispiel auch die
Pille wurde bezahlt für die Frau im Osten. Jeder konnte entscheiden und war
unabhängig. Weiß nicht, jetzt ist vieles vielleicht nicht alles so. Natürlich
auch mit der Arbeit und die Freiheit, dass man mehr im Osten zusammen war. Dass
es nicht so diese Ellbogen gab. Es gab mehr Zusammenhalt.

Simone Kermes,
Sopranistin

Herausforderungen des
Kapitalismus. Kritisches Denken

Wir wissen, dass
die Verführung in großen Städten zu leben - ich gehe nach München. Dort hat man
jeden Abend die Gelegenheit, was Schönes zu unternehmen, was einen befriedigt,
wo man sagt „wunderbar“. Aber da geht man dann nicht nur ins Konzert und man
geht nicht nur in die Oper, dann tut man auch etwas anderes, was auch angenehm
ist. Und wenn man sich daran gewöhnt und sagt „Naja, du musst dich jetzt nicht
unbedingt belasten mit so einem Konzerterlebnis“, dann beginnt man bequemer zu
werden und ich halte da die Gefahr einer Verflachung für viel größer. Die war
damals nicht da, weil die Gelegenheit einfach nicht so breit gefächert war. Kurt Masur, ehemaliger Dirigent des Leipziger
Gewandhaus Orchesters

Heute
wird es vielleicht sogar für viele schwerer, denn sie müssen sich zunächst
einmal in einem riesen großen Feld von Konkurrenz behaupten – ich denke jetzt
besonders an die jungen Leute – und haben aber die Verlockung der
marktwirtschaftlichen Welt im Nacken und da wird so manch einer nicht mehr,
glaube ich, die Kraft und den Widerstand besitzen, sich gegen alle diese Dinge
abzuschirmen und sich wirklich ganz intensiv den künstlerischen Aufgaben zu
widmen. Peter Schreier, Sänger
(Tenor) und Dirigent

Deshalb
wird also zu einer unglaublichen Kommerzialisierung der ganzen Sache führen.
Die andere Variante die man hat eben also, sich schleunigst einen Job zu suchen
und sobald es überhaupt noch möglich ist, bei der drastisch steigenden
Arbeitslosigkeit in diesem Land und eben das Komponieren als eine
Freizeitbeschäftigung zu reduzieren. Das sind die Zukunftsaussichten, das muss
man eben einfach ganz klar sehen. Jakob Ullmann, ostdeutscher Komponist

Ich
finde das Schlimmste war, dass wir eingesperrt waren und dass es nicht die
Freiheit gab. Es gab auf der anderen Seite natürlich auch viele gute Sachen.
Zum Beispiel: Hätte ich damals nicht in der DDR studiert…Meine Ausbildung, da
habe ich wirklich viel zu verdanken. Viele Werte, die ich auch mitgenommen habe
in dieses Zeitalter. Ich finde, dass an manchen Stellen, es noch immer Ost und
West gibt. In einer Stadt, wie hier in Berlin, gibt es immer noch Ost und West.
Auch das Publikum ist geteilt. Das ist mir auch dieses Jahr sehr bewusst
geworden, wo ich selbst veranstaltet habe. Da hoffe ich doch noch, dass die
Leute da irgendwie zusammenwachsen. Das ist da noch nicht so richtig passiert,
das ist immer noch in den Köpfen. Vielleicht braucht’s noch zwei oder drei
Generationen, wo man nicht mehr über dieses Ost und dieses West spricht. Simone
Kermes, Sopranistin

Zunächst
mal glaube ich, dass unsere Hochschulen, die gerade jetzt auch hier […]
speziell unsere Dresdner Hochschule, einen sehr guten Nachwuchs hervorgebracht
hat und dass die Lehrer ja dieselben bleiben. Da sehe ich die Gefahr eher, die
ich vorhin schon schilderte, dass die Studenten wirklich bei der Stange bleiben
und sich nicht durch die Mannigfaltigkeit des Lebens jetzt ablenken lassen. Peter Schreier, Sänger (Tenor) und Dirigent

Es ist
jetzt einfach so, dass eine Partitur wieder eine Partitur wird und das ist zu
begrüßen. Also es ist nicht mehr so, wie man es also noch im letzten Jahr
erleben konnte, dass also Leute aus westlichen Gefilden einem so quasi auf die
Schultern klopfen und sagen, „das ist aber toll, dass ihr in der DDR auch Noten
auf Notenpapier schreibt. Das ist aber schön, wir wissen, dass ist alles nicht
ganz in dem Topf, wo es kocht und es ist alles nicht ganz auf der Höhe der Zeit,
aber euch geht es so schlecht, dass da müssen wir erst mal anerkennen, dass ihr
überhaupt etwas macht.“ Jakob Ullmann, ostdeutscher Komponist

Wobei
sich die Trauer – muss ich natürlich näher erläutern – insofern in Grenzen
halt, weil ich dem System nicht nachtrauere. Ich trauere eigentlich den
verspielten Chancen nach. So sind eben auch hier Dinge eingestrichen worden,
der Versuch ein System zu schaffen, dass nicht gezwungen ist, auf Verschleiß zu arbeiten und ja, dass
die Möglichkeiten gehabt hätte, die Ressourcen der Erde möglichst lange zu
erhalten, weil dieses System nicht den Marktgesetzen unterlag. Georg Katzer, ostdeutscher Komponist

Herausforderungen des
Kapitalismus. Positives Denken

Ich
konzentriere mich nicht im entferntesten auf Ost- oder Westdeutschland, sondern
ich denke einfach europäisch und in der Weise habe ich diesen Standort Europa
so ab 1989 einfach schlichtweg erweitert. Ich bin nach Amerika gegangen, in die
USA, und habe da unheimlich viele Erfahrungen gesammelt mit amerikanischer
Denkweise auch und dann so ab Mitte der 90er Jahre quasi den Osten, also
wirklich nach Südost-Asien oder nach Indien, und habe einfach meinen
Blickwinkel sehr stark versucht, zu erweitern. Bernd Franke, ostdeutscher Komponist

Ja, also
ich war genau 25; das ist ja genau ideales Alter, um dann die Freiheit komplett
zu genießen auch, um beruflich und privat war dann wirklich das ein sehr großer
Glücksfall. Da haben wir dann auch gleich nach der Wende eigentlich angefangen
die Freiheit zu nutzen und sehr sehr viele Projekte auch gemeinsam erfunden, wo
wir gesagt haben, jetzt müssen wir es ja nutzen, dass man einen Verein gründen
kann, dass man ein Festival gründen kann, dass man vielleicht sogar, wir haben
überlegt, eine Schule zu gründen für junge Musiker und so eine Art Eliteschule
für Hochbegabte. Jan Vogler, Solo-Cellist

Suche nach künstlerischer Identität

Es
wird dann das sich behaupten müssen, was da ist: nämlich einfach eine
künstlerische Qualität, würde ich meinen. Und das ist ja auch nicht leicht.
Sehr interessant ist die Frage nach der Identität. Das ist etwas, was uns
persönlich alle sehr beschäftigt und was ja auch an diesen Tagen eine große
Rolle spielt. Ich würde meinen, ich weiß es nicht – würde ich mal sagen -, was
die spezielle musikalische Identität der DDR ist. Und auch bei jedem Einzelnen,
das weiß ich nicht. Ich vermute allerdings, dass, wenn man 40 Jahre in einem
Land gelebt hat, dann denke ich, muss irgendetwas in uns und auch in unseren
Partituren doch da sein, was sich vielleicht hörbar unterscheidet von unseren
Kollegen hier in der Bundesrepublik. Und wenn da so ein Stück Identität ist in
dieser DDR Musik, dann würde ich das eigentlich ganz gut finden. Ich weiß
nicht, ob es so ist. Siegfried Matthus,
ostdeutscher Komponist

In
Moritzburg war das eine Sensation, weil es war natürlich etwas, was wir nicht
hatten in der DDR, diese Individualisten. Also die Orchesterlandschaft war sehr
ausgeprägt, aber das Solo-Dasein, das Farbige und das auch ein bisschen
Exzentrische, was ein Solist auch braucht, also dass er einfach seine
Vorstellung, genau wie er das Werk sieht, dem Publikum vermittelt – das haben
wir dann in Moritzburg uns auch selbst so auf den Tisch geladen. Jan Vogler, Solo-Cellist

Wir
haben, ich glaube, über 20 Nationen mittlerweile im Orchester. Das war zur
DDR-Zeit eigentlich nicht der Fall. Karl-Heinz Georgi, Trompeter im Leipziger Gewandhaus-Orchester

Politische und kulturelle
Landschaften im heutigen Ostdeutschland

Ich sehe
natürlich sehr große Mauern schon, wenn ich an die politische Entwicklung in
Ostdeutschland denke und an irgendwelche nationalbefreiten Gebiete, wo die
Nazis alle möglichen Häuser aufkaufen und Netzwerke schaffen und die Leute, die
da wohnen und einen gesunden Menschenverstand haben, dann wirklich in die
Minderheit geraten. Gerhard Stäbler,
westdeutscher Komponist

Und das
ist immer noch da. Ich fürchte, auch dieser ganze Pegida-Mist wächst auf dem
gleichen Minderwertigkeitskomplex wie damals schon in den 90er Jahren. Ich muss
sagen, das ist die negativste Erfahrung der deutschen Einheit, dass so etwas
wieder möglich geworden ist. Georg Katzer, ostdeutscher Komponist

Wie finanziert man Kultur?

Das war
nicht einfach, weil der Freistaat Sachsen erst einmal an die Gesundheit gedacht
hat und dachte das funktioniert alleine. Das funktioniert aber nicht alleine,
sie brauchen immer die Kombination bei allen Dingen. Aber es ist nicht immer
ganz einfach, sich mit der Kultur durchzusetzen, weil die meisten denken, die
Kultur ist ein „Nice-to have-Thema“. Kultur ist eigentlich die Basis des
gesellschaftlichen Zusammenwirkens und ist auch für Investoren und Menschen
interessant, sich da wirklich darauf einzulassen.

Florian Merz,
künstlerischer Leiter und Chefdirigent der Chursächsischen Philharmonie in Bad
Elster

Ich glaube
tatsächlich, dass wir einen Fehler gemacht haben nach der Wende und dieser
Fehler liegt sicher darin, dass wir uns komplett auf diese materiellen Werte
konzentriert haben. Also ich habe es auch zu spät bemerkt, muss ich sagen. Ich
habe mich auch erst gefreut, dass Dresden so wunderbar aufgebaut wurde, wie so
viele Städte. Aber wir haben gleichzeitig Orchester geschlossen und wir haben
bei der Bildung, würde ich jetzt sagen, auch nicht gerade überdurchschnittlich
investiert. Aber ich glaube , wir hätten viel mehr in diese Aufklärung
investieren müssen und in die Köpfe und in diese weichen Faktoren und hätten
dadurch mehr Menschen mitnehmen können und hätten vielleicht sagen können, der
Wohlstand muss gar nicht so schnell steigen und es muss auch nicht jedes
Gebäude in den ersten 15 Jahren im Top-Zustand sein. Jan Vogler, Solo-Cellist.

Wir
waren bis Ende des vergangenen Jahres eine städtische Einrichtung, Einrichtung
der Stadt Leipzig, und sind seit Januar Stiftung geworden – mussten wir werden,
weil wir sonst von Bonn kein Geld mehr gekriegt hätten. Und sind selbst
gespannt, wie das geht. Aber die Leute, die etwas davon verstehen, sagen, man
hat als Stiftung ganz andere Möglichkeiten, wenn man entsprechend geschickt mit
Sponsoren verhandelt. Cornelia
Krummbiegel, ehemalige Leiterin des Bach-Museums in Leipzig

Was bedeutet noch „Kultur“?

Was
nützt es uns, wenn Leute hierher kommen, die hierher kommen müssen, wie es zu
DDR Zeiten oft war, die durchs Museum geschleift werden, obwohl sie sich nicht
dafür interessieren. Die Leute, die jetzt kommen, wollen wirklich etwas über
Johann Sebastian Bach erfahren. Cornelia Krummbiegel, ehemalige Leiterin des Bach-Museums in Leipzig

Bei
so einer traditionsreichen Institution wie der Thomanerchor muss man aber
sagen, es hat sich dort nicht grundlegendes ändern brauchen und auch nicht
dürfen, denn, wenn man sich überlegt, dass der Thomanerchor seit 1212 besteht
und dort ja erstaunlicherweise schon die gleiche Aufgabenstellung hatte wie
heute, nämlich das singen zur Ehre Gottes, - und daran hatte ja auch nicht die
Zeit der DDR Diktatur etwas geändert. Natürlich wollte man immer diesen
städtischen Chor auf die ideologisch richtige Seite ziehen, aber die großen
Namen- nicht zuletzt Johann Sebastian Bach, dieser große Name – bewahrte davor.
Georg Christoph Biller,
ehemaliger Leiter („Thomaskantor“) des Thomanerchors in Leipzig

Ich
nehme Abschied ohne Aufhebens von dem überwiegenden Teil der als
sozialistischer Realismus angepriesenen Werke. Ich nehme Abschied mit Zorn von
allen Versuchen den Modernismus zu bekämpfen, von allen Versuchen kritische
Gesinnung abzuwürgen, von allen Formen der Reglementierung statt der
Diskussionen, von allen Versionen irgendwelcher Verlogenheit. Gerd Rienäcker, ostdeutscher
Musikwissenschaftler

Geschichten aus
dem MDR-Klassik-Digitalarchiv

Mitwirkende: Kurt Masur, ehemaliger Dirigent des Leipziger Gewandhaus Orchesters, Peter Schreier, Sänger (Tenor) und Dirigent, Gerd Rienäcker, ostdeutscher Musikwissenschaftler, Jakob Ullmann, ostdeutscher Komponist, Walter Thomas Heyn, ostdeutscher Komponist, Thomas Wünsch, Solo-Violinist, Daniel Barenboim, argentinisch-israelischer Dirigent, ehemaliger Dirigent der Berliner Philharmoniker, Claus Peter Flor, ehemaliger Dirigent des Berliner Sinfonie-Orchesters, Karl-Heinz Georgi, Trompeter im Leipziger Gewandhaus-Orchester, Georg Katzer, ostdeutscher Komponist, Gerhard Stäbler, westdeutscher Komponist, Jan Vogler, Solo-Cellist, Walter Thomas Heyn, ostdeutscher Komponist, Bernd Franke, ostdeutscher Komponist, Dietrich Kunze, ehemaliger Leiter des Ensembles „Theater auf der Treppe“ in Dresden, Georg Christoph Biller, ehemaliger Leiter („Thomaskantor“) des Thomanerchors in Leipzig, Cornelia Krummbiegel, ehemalige Leiterin des Bach-Museums in Leipzig, Siegfried Matthus, ostdeutscher Komponist, Simone Kermes, Sopranistin, Florian Merz, künstlerischer Leiter und Chefdirigent der Chursächsischen Philharmonie in Bad Elster

The
falling of the wall

The movement, which I have experienced here in
Leipzig, will fulfill me with joy and happiness my whole life. Never again will
I see as many happy faces and hope as I have seen in the past few days. We have
to keep this hope alive. Kurt Masur about Peaceful Revolution in GDR.

We renovated our apartment. I did not watch TV
for two or three days. Suddenly a friend from university ringed the doorbell
and said: ‘Simone, where are you going this weekend? We are going to Munich.” I
answered: ‘Munich? That is not possible.‘ She said: ‚So you did not get the
latest news? The boarders are open now.‘ I was so confused. We turned on the TV
an saw those pictures and cried. I will not forget it. Of course we went to
Berlin that weekend. I remember, we crossed Checkpoint Charlie on the 11th of
November at 11.11. I will never forget that in my life. Simone Kermes

I don’t view today’s concert as a political
concert or a political act. It is a human act. You have to know that all of
those people were not able to come here for many years and hear the music. I am
not trying to talk about politics, socialism or capitalism – I am talking about
the pure fact that those people in the orchestra belong to all Germans. It was
not possible to come here. Everyone who came here had to live in some sort of
fear and since 48 hours this fear has been decreased by a little. Daniel
Barenboim

Changes

There have been many changes here. When we had
to adapt to the free market, we were at a loss as to how to continue working
under those circumstances. We only knew that we had to achieve the highest
quality, because in the Gewandhaus they viewed us as the ‘exotics’ who came
from the East, produced good music and suddenly became the competition. This
carried a certain danger. However, there was also the danger coming from the
best of my youngest people: they might say ‘why should I stay in Leipzig with
my family when I am being payed less? If I were to go to philharmonic orchestra
of Cologne, I would not only live in one of the most beautiful cities of
Germany but I would also be paid more’. Kurt Masur

Regarding the theatrical landscape, I as a
director can only say that some social or economic questions just didn’t exist
before the reunification. However, they were a lot of old ensembles which could
not have been dismissed, because didn’t have the liberty to dismiss people
freely. Additionally, there was a political conflict from time to time. To a
certain extent, we have always held a privilege, because frankly everything we
performed was a reflection of the reality. That is why the audience always came
to see our performances. This has changed after the reunification. You can
think and say everything without consequences, but everything loses its appeal
as quickly. Even though critical thinking and discussing societal issues still
exist nowadays, but it is becoming less and also less important when compared
to GDR-times, because nobody pays any attention to it anymore. Dietrich Kunze

It was a difficult time for all of us. The
broadcast, which was quite a political institution back then, was now
endangered. We did not know in what way the orchestra, all of the musicians in
the broadcast, would continue. Thomas Wünsch

I remember for instance that we have received
a big mail delivery one day. This delivery contained official letters of
dismissal addressed to every single one in the office – even the
chief-conductor received one – with the note that we should all report to the
Office of Employment. That really was a bureaucratic show. Our supporters were
of significant importance, because they managed to reassure the orchestra on
stage that everything had been an organizational mistake. The fact alone to
have been dismissed via mail had been eye-opening for some orchestra members –
but definitely not in a good way. Claus Peter Flor

My wife participated in every demonstration
and I said to her, you are the first one who is standing in front of the job
centre, you are a singer. She didn’t believe me, but she was the first standing
in front of the job center. Of course, the theatres gave back all of their
jobs, the broadcasting company was being closed down and overnight there were
not any jobs left. Walter Thomas Heyn

Many have position at colleges and have just
stayed there. Almost nobody was a member of a party. They have just stayed
there and haven’t been dismissed, because they also didn’t cause any trouble.
Nowadays, most of them are professors or lecturers. If you can play your
instrument well you are able to survive based on your performance skills like
Schleiermacher. The others went to music schools and anyone who was 50 years
old or older was basically left behind. Walter Thomas Heyn

Good
things from older times

There was more recognition and freedom for
women in GDR. And for decisions. I was pregnant before I was 18 years old. Of
course I have not decided for an abortion. I do not know, if I would make the
same decision, if I lived in the West. That time I was sure, that everything
will be alright. I was free and could do what I wanted. Today I still think,
that it was great. For example in GDR the state paid the pill. Everybody could
decide themselves and was independent. I am not sure, but maybe now it is
different. And in the East society people belonged more together. There was not
this dog-eat-dog society. There was solidarity. Simone Kermes

Challenges
of capitalism / Critical thinking

We all know the temptation of big cities, for
example Munich. Every night you have the chance to do the things you fancy and
experience something wonderful there. But those things do not necessarily
include going to a concert or the opera. Eventually you will get used to it and
will not see the need of a concert experience anymore. At this stage the danger
of becoming less active and leading a monotonous life is much greater. In the
past that did not exist, because the range of various opportunities was less.
Kurt Masur

Today it might be even more difficult for many
people, because they have to prove themselves against many competitors –
especially among the young people – and there is the temptation of the market
economical world and I believe that one might not have the power to resist it
and to dedicate themselves to artistic responsibilities. Peter Schreier

Therefore, there will be an inevitable commercialization
of the whole thing. The other option is to find a job as fast as possible, if
there is still a chance. Due to the rapidly rising rate of unemployment in this
country, composing will be reduced as a recreational activity. These are predictions
about the future are crystal clear. Jakob Ullmann

The worst was, that we were locked in and
there was no freedom. On the other hand there were a lot of good things. In GDR
I learned a lot in my studies. I learned many values. There is still a difference
between the East and the West. In a city as in Berlin there is still the East
and the West. The audience is still divided, too. I experienced it this year,
when I had many events. I hope, people will grow together. It did not happen
yet, the differences are still in their minds. Maybe we need another two or
three generations until nobody is talking about the East and the West. Simone
Kermes

First of all, I believe that our colleges,
especially the Dresdner college here, have produced great talent. The teachers
have remained the same. In my opinion the danger, as I have already mentioned
earlier, lies with the students: they have to show perseverance and not get
distracted by the multiplicity of life. Peter Schreier

The favorable reality is that a score remains
a score. The situation is not like the one in the past anymore, where people
from the West would pat one’s shoulder und say ‘It’s just great that you from
the GDR are also writing notes on music paper – really great! Even though we
know that some things are still not where they belong and are also a bit
outdated. However, you are so miserable that we just have to at least
acknowledge something.’ Jakob Ullmann

The grief is quite bearable, because I do not
miss the system. Actually, I only yearn for the missed chances.

In that sense there have also been losses
here: The attempt to establish a system which is not pressuring one to work to
exhaustion and which could have saved the resources, because it was free from
any market regulations. Georg Katzer

Challenges
of capitalism / Positive Thinking

I am really not thinking about whether it is
East or West Germany – I’m viewing everything from a European perspective. In
this manner, I have just expanded Europe since 1989. I went to America and
gained a lot of experiences there, maybe even the American way of thinking.
Around the mid-nineties I travelled to the East and by that I mean the real
East like South-East Asia or India and really tried to broaden my mind. Bernd
Franke

I was precisely 25 years old, the ideal age to
completely enjoy freedom on professional and private level. It really was luck
and we used this freedom to realize many projects together. For example we
founded an association just because we could or a festival. We even thought
about establishing a school for young musicians and maybe an elitist school for
highly talented pupils. Jan Vogler

Quest
for Artistic Identity

Of greater importance is what has always been
here: the artistic quality. But that is not an easy task. Very interesting is
also the question regarding identity which affects us all on a personal level
and therefore, is quite relevant. I don’t really know when thinking about the
musical identity of the GDR. However, I do believe that if one lives in one
country for 40 years there will be something in the scores which distinguishes
himself from the colleagues in the BRD. And if one found some form of GDR identity
in such a score, I would not consider it as something bad –honesty, I don’t
really know. Siegfried Matthus

It was a sensation in Moritzburg, because
these individualists were something we didn’t have in the GDR. Even though the
orchestral landscape was quite established, the existence of solo artists and
what makes them special – the colorfulness, the eccentricity, the clear
imagination of the music piece and the ability to convey their ideas to the
audience – was missing. In Moritzburg we committed ourselves to this. Jan
Vogler

I believe we represent over 20 different
nationalities with our orchestra. This was actually not the case during
GDR-times. Karl-Heinz Georgi

Today’s
political and cultural landscape in Eastern Germany

Of course, I am picturing big walls when
thinking of the political development of East-Germany and some areas freed by
nationalists. In those areas Nazis are buying houses and are establishing
networks. Moreover, people who are mentally healthy have to live there and are
turned into the minority because of them. Gerhard Stäbler

It is still there. I fear that this whole
Pegida-nonsense has its roots in the same inferiority complex as in the
nineties. I have to say, for this to have even become possible is the most
negative experience for Germany as an entity. Georg Katzer

How
to fund culture?

It was not easy, because free state Saxony
cared only about the health resort at the beginning. But you always need a
connection of all factors. But it is not always easy to push culture through,
because most people think culture is nice to have. But culture is the base of
interaction in society and it is interesting for investors as well. Florian
Merz

I think we definitely made a mistake after the
reunification, because we primarily focused on material goods. Honestly, I also
only noticed it when it was already too late. At first, I also appreciated the
reconstruction of Dresden and many other cities, but at the same time, we
dismissed many orchestras und absolutely neglected education. In retrospect, I
think we should have invested more money into changing peoples’ mindsets and
should have encouraged those soft factors. It really is not about how fast the
wealth grows or how good a building looks from the outside. Jan Vogler

Until the end of last year, we have been an
urban institution, an institution of the city of Leipzig to be more precise.
Since January we have become or rather we were forced to become a foundation,
because we would not have otherwise received money from Bonn anymore. We are
quite curious as to how things will work out. Some people say that a foundation
will have completely different possibilities if the negotiations with the
sponsors succeed. Cornelia Krummbiegel

What
“culture” still means?

What is the point of people coming here, just
because they have to? It is similar to GDR-times when people were dragged
through a museum even though they barely showed any interest. The people who
are coming now are genuinely interested in Johann Sebastian Bach. Cornelia
Krummbiegel

One has to mention that the Thomaner choir
which is undoubtfully rich in tradition does not need any change; I dare to say
it mustn’t be changed. Since 1212 the choir has had the same purpose as it has
today which is to sing in honour of God. Even the dictatorship of the GDR was
not able to change this, although they would have preferred for the choir to
follow the same ideological beliefs. Luckily, prominent names such as Johann
Sebastian Bach prevented this from happening. Georg Christoph Biller

Without any hesitation I bid farewell to most
of the pieces from the socialist realism. With anger I bid farewell to all of
the attempts fighting against modernism, to all of the temptations stalling
critical thinking, to all forms of regimentation instead of discussions, to all
forms of deceitfulness. Gerd Rienäcker

Stories from MDR
Klassik digital archive.

Voices: Kurt Masur, former music director of
Leipzig Gewandhaus Orchestra, Peter Schreier, German tenor and conductor, Gerd Rienäcker,
East German musicologist, Jakob Ullmann, East German composer, Walter Thomas
Heyn, East German composer, Thomas Wünsch, solo violist, Daniel Barenboim, Argentinian-Israeli
conductor, former conductor of Berlin Philharmonic, Claus Peter Flor, former
conductor of Berlin Symphony Orchestra, Karl-Heinz Georgi, trumpeter of Leipzig
Gewandhaus Orchestra, Georg Katzer, East German composer, Gerhard Stäbler, West
German composer, Jan Vogler, solo cellist, Walter Thomas Heyn, East German
composer, Bernd Franke, East German composer, Dietrich Kunze, former director
of theatre ‘Theater auf der Treppe’ Dresden, Georg Christoph Biller, former
director (‘Thomaskantor’) of coir ‘Thomanerchor’ in Leipzig, Cornelia
Krummbiegel, former director of Bach museum in Leipzig, Siegfried Matthus, East
German composer, Simone Kermes, soprano singer, Florian Merz, music director
and chief conductor of Chursächsische Philharmonie in Bad Elster

Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

Tereza Križková TEHOTENSKÝ DENNÍK

RTVS- Rozhlas a televízia Slovenska Odbor literárno- dramatickej tvorby AUTORKA: Na začiatku bol sen, a v tom sne som hľadala...

Tereza Križková TEHOTENSKÝ DENNÍK
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

The Price for Velvet (Revolution)

You are listening to the radio feature The Price for Velvet. Music: We Promised to Love Each Other – the unofficial anthem of...

The Price for Velvet (Revolution)
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

Ungaria Systhem Changers

Ungaria Systhem Changers
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

THE WAY, THE CROSSROAD, ALANIS AND ME

Radio documentary Author: Vaida Pilibaitytė Sound: Vaida Pilibaitytė, Adomas Zubė Editor: Vita Ličytė Transcript translation...

THE WAY, THE CROSSROAD, ALANIS AND ME
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

ANA DIN MOLDOVA de LUDMILA ALEXEI

/ sound effect of the terminal / Attention! The plane on the flight from Chisinau to Venice landed. Taxi, who needs it. Where...

ANA DIN MOLDOVA de LUDMILA ALEXEI
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

PARTA V ZRCADLE ČTVRTSTOLETÍ - přepis audiodokumentu

Dan (narace): Bylo mi 13. Bylo krátce po revoluci. Byl jsem fanouškem Michaela Jacksona. Spolu s několika dalšími kamarády...

PARTA V ZRCADLE ČTVRTSTOLETÍ - přepis audiodokumentu
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

Taken from the audio archive: thousands of people shout in the front of the Verkhovna Rada of Ukraine

Taken from the audio archive: thousands of people shout in the front of the Verkhovna Rada of Ukraine
Raised to be Free 09 Noiembrie 2019, 07:00

Vlad - A documentary by Maria Balabaş for the project Raised To Be Free

(Vlad recită versuri La Familia): De c ând eram copii nu ne-a despărțit nimic, Am fost și voi fi mereu fratele tău mai mic....

Vlad - A documentary by Maria Balabaş for the project Raised To Be Free
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